
Nach dem Orkan
von
Ingvar Ambjørnsen
Seiten: (ca.) 145
Erscheinungsform: Neuauflage
Erscheinungsdatum: 11.3.2014
ISBN: eBook 9783942822848
Format: ePUB und MOBI (ohne DRM)
Autor

So hatten sich Peter Pettersen und Prof Erlandsen ihren Ausflug nicht vorgestellt: In einem Wald nahe der schwedischen Grenze begegnet ihnen ein verängstigtes Mädchen, das scheinbar illegal nach Norwegen geschleust wurde. Sind die beiden Nachwuchsdetektive etwa einer Schlepperbande auf der Spur?
»Hab ich schon erwähnt, dass es hier spukt?«
Ich lachte. »Du konntest es wohl nicht länger aushalten, was? Auf den Schmus da habe ich im Grunde schon beim Essen gewartet.«
Der Prof lächelte vielsagend und nahm einen Schluck aus seinem Teebecher. »Na ja. Aber in dem Wald hier wimmelt es von Rätseln, so viel steht fest.«
»Denkst du an geheimnisvolle Flugzeuge ohne Kennzeichen und so?«
Fischen, Futtern, Faulenzen – das war der Plan für Peter und Profs Kurztrip in die norwegische Wildnis. Doch wie so oft im Leben kreuzen unvorhergesehene Dinge (und Menschen) die schönsten Absichten, und das entspannte Männerwochenende ist passé: Entgegen ihrer Abmachung hat der Prof seine Freundin Jorun samt Anhang hinzugeladen, was ordentlich für Verstimmung zwischen den Freunden sorgt. Doch die ist schnell vergessen, als sich unweit ihrer Hütte eine Katastrophe ereignet. Und wenn Menschen in Not sind, gibt es für Peter und den Prof nur noch einen Plan: Helfen!
»Nach dem Orkan« ist der siebte Band der Jugendkrimi-Reihe Peter und der Prof – kein Mensch ist (ill)egal!
Aus dem Norwegischen übersetzt von Gabriele Haefs
Details
- Titel
- Nach dem Orkan
- Autor
- Ingvar Ambjørnsen
- Seiten
- 145
- Erscheinungsform
- Neuauflage
- Preis (eBook)
- 5,99 EUR
- ISBN (eBook)
- 9783942822848
- Sprache
- Deutsch
Leseprobe
Nach dem Orkan
Wir gingen weiter. Ich war jetzt ziemlich durchgeschwitzt und erschöpft, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Denn der Prof, übergewichtig und alles, schien die Steigung überhaupt nicht zu bemerken. Ein Läufer war er zwar einwandfrei nicht, aber unser zähes Tempo schien ihm ausgezeichnet zu passen. Schließlich flachte das Terrain wieder ab. Als wir uns umdrehten um nach dem letzten steilen Hang wieder zu Atem zu kommen, hatten wir eine Aussicht, die ich bis in den Bauch hinunter spürte. Meilenweit Wald. Im Norden, Süden und Westen. Hier und da blinkten kleine Seen und Bäche blau auf, aber die Grüntöne der Tannen waren überwältigend. Die Straße, über die wir in Leffys Karre gekommen waren, konnten wir überhaupt nicht sehen.
»Den Schweiß wert, was?«, fragte der Prof.
»Ja«, gab ich zu. »Den Schweiß wert. Wo liegt denn Schweden?«
Der Prof zeigte mit dem Daumen über seine Schulter zurück. »Gleich hinter uns. Nicht sehr weit. Sagrønningen liegt ungefähr auf der Grenze.«
Wir setzten uns wieder in Bewegung. Schon nach zweihundert Metern sahen wir hinter einem großen Moor die Umrisse eines Hauses.
»Wir können doch wohl noch nicht da sein?«, fragte ich und dachte an die Kilometer, von denen der Prof gesprochen hatte.
»Nein, nein. Das ist Orholtet.«
»Verlassen, so wie Sagrønningen?«
»Nein. Bewohnt. Unser Nachbar. Aber keine Panik - der wird sich nicht in unsere Angelegenheiten mischen. Der Schwarzgebrannte hat nämlich eine gewisse Tendenz zur Zurückhaltung, wenn er Menschenfleisch riecht. Oder, um es ganz klar zu sagen: Er ist menschenscheu. Aber ich kenne ihn. Er ist so lieb, wie der Tag lang ist. Und meistens so besoffen, dass er keine Ahnung hat, wo er ist.«
»Der Schwarzgebrannte?«
»Harald Karlsen. Aber alle nennen ihn den Schwarzgebrannten. Wenn du ihn je mit Töpfen und Pfannen in Aktion siehst, dann verstehst du, warum. Ein bisschen unkonzentriert gewissermaßen. Aus Koteletts werden Kohlenstücke und aus Speck fettige Asche. Die ganze Küche sieht aus wie eine Brandstätte, wenn er fertig ist.« Der Prof zeigte über das düstere Moor. »Er hat da draußen in einem Loch vor vielen Jahren Frau und Tochter verloren. An Astrid kann ich mich noch erinnern, sie war so alt wie wir. Nach dieser Geschichte ist er restlos ausgetickt, glaube ich.«
»Übel!«, sagte ich.
Wenn ich meinen Blick auf das Haus auf der anderen Seite richtete, konnte ich keinen Hinweis darauf entdecken, dass dieser Mann existierte. Nirgendwo eine Bewegung, kein Mucks. Nicht einmal Rauch aus dem Schornstein.
Aber als wir nach einiger Zeit das Moor umrundet hatten und den Hof erreichten, bot sich uns ein Anblick, der mir sofort einen Schrecken einjagte. Ich glaubte zum ersten Mal dem Tod zu begegnen, und mein Herz machte in meiner Brust einen Sprung. Denn einen Meter vor der abgetretenen Treppe, auf dem hartgetrampelten Boden, lag eine Gestalt auf dem Rücken, die Arme und Beine wie ein Seestern ausgestreckt. Es war ein Mann in grauer Frieshose und blau kariertem Hemd, und er schien nicht zu atmen.
»Der ist ja tot!«, flüsterte ich dem Prof zu. Ich merkte, wie meine Stimme zitterte. »Jetzt geht das schon wieder los, zum Teufel! Egal, wohin wir uns auch drehen und wenden, es gibt nur Ärger und Scherereien.«

Ingvar Ambjørnsen
Ingvar Ambjørnsen wurde 1956 in Norwegen geboren. Nach einer kurzen Schulkarriere begannen lange, unruhige Jahre in den Randgruppen der Gesellschaft, seiner informellen Ausbildung zum Schriftsteller. Inzwischen gilt er nicht nur in Norwegen als erfolgreicher Autor. Seit 1985 lebt er in Hamburg und erhielt u. a. nach dem Hamburger Literaturstipendium 1986 das Literaturstipendium 1988 der Stadt Lübeck mit Stadtschreiberwohnung im Buddenbrook-Haus, darüber hinaus wurden seine »Elling«-Romane verfilmt.Zuletzt erschien von ihm der Roman »Die Nacht träumt vom Tag« im Hamburger Nautilus Verlag.
(C) Autorenfoto: Christine Poppe