
Flammen im Schnee
von
Ingvar Ambjørnsen
Erscheinungsform: Neuauflage
Erscheinungsdatum: 31.1.2014
eBook-Preis: US$ 5,99 EUR
ISBN: eBook 9783942822831
Format: ePUB und MOBI (ohne DRM)
Autor

Schwul, na und? Warum manche es hassen, wenn andere sich lieben, können Peter und der Prof so gar nicht nachvollziehen. Die Taten eines mysteriösen Feuerteufels zu ergründen, ist da schon eher ihr Fall.
Es war dunkel, er konnte ganz in der Nähe sein – ich hörte keine Schritte mehr. Ich blieb stehen und ging in die Hocke, denn jetzt quälte mich der Rauch und ich wusste, dass die Luft am Boden besser sein würde. Es ist nicht meine Aufgabe, diesen Typen festzunehmen, dachte ich. Aber es ist meine verdammte Pflicht, einen Blick auf ihn zu werfen oder es wenigstens zu versuchen, damit die Bullerei brauchbare Anhaltspunkte hat.
Während sich Oslos jüngste Privatdetektive mutigen Herzens auf Pyromanenjagd begeben, kommen ihnen Zweifel an der Courage von Gøran. Profs älterer Bruder arbeitet für die größte Zeitung der Stadt und schafft es nicht, die üble Schmutzkampagne gegen einen schwulen Prominenten zu verhindern – und das, obwohl es sich bei dessen Partner um Gørans und Profs Bruder Leif handelt. Als in die Wohnung des Paares eingebrochen wird, offenbaren sich Zusammenhänge, denen Peter und der Prof unbedingt auf den Grund gehen wollen ...
»Flammen im Schnee« ist der sechste Band der Jugendkrimi-Reihe Peter und der Prof – wo Rauch ist, da ist auch Feuer!
Aus dem Norwegischen übersetzt von Gabriele Haefs.
Details
- Titel
- Flammen im Schnee
- Autor
- Ingvar Ambjørnsen
- Erscheinungsform
- Neuauflage ISBN (eBook): 9783942822831
- Dateigröße
- 1233 KB
- Preis (Ebook)
- US$ 5,99
- Sprache
- Deutsch
Leseprobe
Die blauen Wölfe
Mit dem Prof Pizza zu essen ist keine einfache Geschichte, das wusste ich ja schon. Und jetzt musste auch Jorun diese Seite von ihm kennenlernen. Der Prof, der sonst so ziemlich zickenfrei ist, ist nämlich der Schrecken eines jeden Pizzabäckers. Ich hatte jedenfalls noch nie erlebt, dass er sich mit dem begnügte, was auf der Speisekarte stand. Immer gab es einen Haufen Nervkram, weil er noch eine Masse Sonderwünsche durchsetzen musste, ehe er zufrieden war. Wenn er Pizza mit Muscheln und Peperoni bestellte, dann konnte ich sicher sein, dass er auch noch um Salami und Paprika bitten würde - und um eine doppelte Portion Käse. Die wollte er sowieso immer. Wenn er Schinken und Champignons bestellte, dann wollte er dazu Tintenfisch und Hackfleisch und dazu noch Kräuter, von denen kein Mensch außer ihm je gehört hatte. In der Regel machte uns dieser ganze Unfug zu den unbeliebtesten Gästen im Restaurant, aber aus irgendeinem Grund war ihm das egal. Wenn der Prof bestellte, war sein ganzes Wesen mit Leib und Seele hundert Prozent darauf eingestellt, eine Mahlzeit zusammenzustellen, die seine wildesten Fantasien befriedigen konnte.
Und dieser Tag brachte uns keine Ausnahme von der Regel. Als Jorun und ich sagten, dass es uns egal war, welche Sorte Pizza wir bestellten, machte er sich sofort an die Vorbereitungen und hatte offenbar uns und auch den Grund vergessen, warum wir uns hier bei Peppe unten in der Stortingsgata versammelt hatten.
Der Kellner kam und der Prof gab eine Bestellung auf, bei der sich dem Italiener sicher die Haare gesträubt hätten, wenn sie nicht so kurz gewesen wären und außerdem noch mit Pomade an den Kopf gepappt. Er verdrehte seine südländischen Augen, Jorun und ich verdrehten als Antwort unsere, und als der Prof fertig war, fragte der Kellner in tadellosem Norwegisch, ob es keine gute Idee wäre, auch noch ein wenig Makrele in Tomate und eine Spur echten Ziegenkäse dazuzugeben. Typischerweise begriff der Prof nicht, dass das ein Witz sein sollte, er schüttelte nur seinen runden Schädel, sagte »nein danke« und bat stattdessen um einen »guten Schuss« Tabasco. »Und vergessen Sie um Himmels willen nicht die Sardellen!«
»Natürlich nicht. Sie brauchen auch nicht zu wiederholen, dass die Sardellen über die Schinkenstücke ‘gestreckt’ werden sollen.«
Jorun lachte, und der Kellner zwinkerte ihr über den Kopf des Prof hinweg zu.
»Etwas zu trinken? Das könnte vielleicht nötig sein!«
Wir bestellten drei Mineralwasser und der Italiener verschwand in der Küche, um dem Koch den Witz des Jahrhunderts zu erzählen.
Jorun steckte sich eine Blue Master an und sagte: »Nun erzähl uns von dieser Sache mit deinem Bruder! Wenn ich das richtig verstanden habe, dann hast du doch auch Peter noch nicht informiert, oder?«
Ich weiß bloß, dass der Prof irgendwas verschweigt, dachte ich und sagte: »Leif Erlandsen will, dass der Prof Erlandsen einen jungen Typen namens Reidar Hansen für ihn findet. Das ist alles! Nein, übrigens, da gibt′s noch eine Sache: Jetzt hat der Prof für den Vorschuss Speise und Mineralwasser bestellt. Das bedeutet vermutlich, dass er glaubt, wir könnten ihm helfen.«
»Ja, danke, ich finde, wir bleiben jetzt mal ganz ruhig hier, Peter! Immerhin hast du dich in diese Sache eingemischt, ich hatte dich nun wirklich nicht zu einem Ausflug in die Stadt eingeladen. Und ich glaube auch nicht, dass das ein ‘Fall’ im üblichen Sinn ist - kein Vergleich mit den Kisten, in die wir sonst geraten sind, also regt euch ab.«
»Ich bin nun wirklich ganz und gar abgeregt«, sagte Jorun. »Aber ist das alles, was Peter da runtergeleiert hat?«
»Naja, nicht ganz. Es ist so, dass Leif schwul ist und dass er und Gunnar seit drei oder vier Jahren draußen in Nordstrand zusammenwohnen.«
»Himmel«, sagte ich. »Und ich dachte, Leif wohnt auf dem Mond. In der Bentsebrugata lässt er sich jedenfalls nicht oft sehen.«
Der Prof musterte mich genervt. »Nein, tut er nicht. Und zwar, weil meine Alten nicht damit klarkommen, dass mein Bruder schwul ist.«
»Was?«, rutschte es aus mir heraus. »Stimmt das? Schält deine Mutter die Kartoffeln auch noch mit einer Steinaxt? Was du da sagst, ist doch … ich meine, deine Eltern leben ja wohl noch im Cambrium silur …«
Der Prof ging hoch. »Ja, du hast wirklich verdammt gut reden! Deine Eltern sind ja so tierisch cool. Das einzige Tabu bei euch ist der Widerwille deines Vaters gegen jegliche normale Arbeit. Oben bei euch wuseln ja alle mit nacktem Hintern durch die Gegend, während ich zum Bleistift meine Mutter nicht ein einziges Mal nackt gesehen habe. Kapierst du endlich, oder was?«

Ingvar Ambjørnsen
Ingvar Ambjørnsen wurde 1956 in Norwegen geboren. Nach einer kurzen Schulkarriere begannen lange, unruhige Jahre in den Randgruppen der Gesellschaft, seiner informellen Ausbildung zum Schriftsteller. Inzwischen gilt er nicht nur in Norwegen als erfolgreicher Autor. Seit 1985 lebt er in Hamburg und erhielt u. a. nach dem Hamburger Literaturstipendium 1986 das Literaturstipendium 1988 der Stadt Lübeck mit Stadtschreiberwohnung im Buddenbrook-Haus, darüber hinaus wurden seine »Elling«-Romane verfilmt.Zuletzt erschien von ihm der Roman »Die Nacht träumt vom Tag« im Hamburger Nautilus Verlag.
(C) Autorenfoto: Christine Poppe