
Pauli, Tod und Teufel
von
Gunter Gerlach
Seiten: (ca.) 46
Erscheinungsform: Neuausgabe
Erscheinungsdatum: 16.12.2013
ISBN: eBook 9783942822947
Format: ePUB und MOBI (ohne DRM)
Autor

Jeder Schuss ein Treffer! Während eines Spiels des FC St. Pauli fällt ein Zuschauer tot um. Herzinfarkt? Hirnblutung? Hat unsachgemäßer Gebrauch von Pyrotechnik etwa das erste (längst überfällige) Todesopfer gefordert? Unglaublich, aber nein! Denn der Fan wurde durch eine Kugel niedergestreckt. 1:0 für den Mörder. Und abgepfiffen wird noch lange nicht …
»Du wirst dich morgen Nachmittag mit mir treffen müssen.«
»Ha, morgen schon gar nicht, da spielt Pauli.«
»Noch immer Fan.«
»Und immer noch dieselben Plätze.«
Einen Augenblick herrschte Stille.
»Ich komme mit«, sagte Torben.
Julia blies die Luft ins Telefon. »Gibt schon lange keine Karten mehr.«
»Ich komme trotzdem rein.«
»Versuch es doch. Tschüs.«
»Warte …«
»Was willst du?«
»Weißt du, wie dein Blut geschmeckt hat?«
Sie legte auf. Sie wusste, dass ihr Blut nach Kräuterlikör schmeckte.
Liebschaften hatte Julia schon einige, Exklusivrecht auf ihr Herz aber hat eine Horde Totenköpfe in Strümpfen: der FC St. Pauli. Allein ein Stadionbesuch am Millerntor vermag Julia aus dem Haus zu locken, ist sie doch seit ihrem dreißigsten Geburtstag auf dem Anti-Aging-Trip und meidet die Sonne wie der Teufel das Weihwasser. Zum Glück ist auch ihr Freund Krallo mit Leib und Seele ‘Zecke’, ansonsten würde es diese Beziehung wohl kaum über die erste Halbzeit schaffen.
Blöd nur, dass beim nächsten Spiel ein Fan in der Reihe vor ihnen erschossen wird. Richtig blöd, dass Krallo den Toten kennt. Tags zuvor hatte jener nämlich - freilich noch in vitalerem Zustand - Krallos Versicherungsbüro überfallen. Und nun haben die Bullen Krallo auf dem Kicker, äh, Kieker. Als dann auch noch Julia spurlos verschwindet, sieht sich Krallo endgültig gezwungen, die Augenklappe zu lüften, den noch unbekannten Feind ins Visier zu nehmen und Flagge zu zeigen. Die mit dem Totenkopf. Welche sonst.
Pauli, Tod und Teufel ist der siebzehnte Band unserer Kurzkrimi-Reihe hey! shorties – you’ll never walk alone!
Details
- Titel
- Pauli, Tod und Teufel
- Autor
- Gunter Gerlach
- Seiten
- 46
- Erscheinungsform
- Neuausgabe
- Preis (eBook)
- 2,99 EUR
- ISBN (eBook)
- 9783942822947
- Sprache
- Deutsch
Leseprobe
Pauli, Tod und Teufel
Das Stadion brummte. Es dauerte eine Weile, bis er merkte, dass es ein elektrisches Brummen war. Es kam aus den Lautsprechern. Krallo winkte seinem Partner Christoph zu, der auf der anderen Seite neben der Trainerbank seinen Stammplatz hatte. Weiter oben, auf der ersten Sitzplatzreihe, entdeckte er Hase. Hoffentlich sprachen die miteinander. Krallo hatte Hases Restgeld bis zu einer neuen Investitionsentscheidung erst einmal in einem Geldmarktfonds geparkt. Christoph musste das jetzt übernehmen.
Julia suchte die Menge nach Torben ab. Ihm musste sie unbedingt aus dem Weg gehen. Eine weitere Begegnung mit einem Typen aus ihrer Vergangenheit war Krallo heute nicht zuzumuten.
Kurz bevor das Spiel begann, hörte das Brummen auf. Julia machte Krallo auf Fats aufmerksam. Er kam von oben. »Der will zu dir.«
Doch dann grinste ihn Fats nur an und verbeugte sich. Er setzte sich auf einen freien Platz direkt vor ihm. Krallo kannte den Platzinhaber. Ein Wirt aus der Schanzenstraße.
»Da kannst du nicht sitzen.«
Fats wedelte mit der Karte. »Fats kann alles, alle können Fats.«
»Wenn ich die Waffe zur Polizei gebracht hätte, säße der jetzt nicht hier«, murmelte Krallo.
Das Spiel begann. Zu aller Überraschung waren die Gäste spurtstark und sicher im Kurzpassspiel. Bei den ersten Angriffen stürmten die Verteidiger nach vom. Bevor es die Abwehr des FC begriffen hatte, stand es null zu eins. Der Schock ließ die Gesänge verstummen. Die Fans um Julia und Krallo protestierten: Der Torschuss war aus klarer Abseitsposition erfolgt. Ach, ja, den Schiedsrichter kannten sie aus der letzten Saison. Hatte er nicht schon damals immer wieder zu Unrecht gegen Pauli entschieden? Und an seinen Linienrichter erinnerten sich die Zuschauer auch sehr gut: der Mann mit dem gelähmten Arm. Denn nie hob er bei Abseits der Gäste seine Fahne.
Die Stille hielt nicht lange an. Denn die Pauli-Fans waren sich bewusst, dass sie nun zur Motivation ihrer Spieler gebraucht wurden. Neue Chöre bildeten sich. Jeder gewonnene Zweikampf, jeder kleine Angriffsversuch der FC-Spieler wurde bejubelt.
Aber alles nützte nichts. Schließlich schieden auch noch Incemann und Adamu verletzt aus. Es war eines jener Spiele, bei denen der Fan zu zweifeln beginnt, ob es Gerechtigkeit gibt.
Auch die Hoffnung, dass Trainer Demuth seine Spieler mit neuer Einstellung aus der Pause aufs Feld schickte, erfüllte sich nicht. Die Spieler fanden keine Lücke in der Abwehr des Gegners, die Fehlpässe häuften sich.
In der neunundsiebzigsten Minute wechselte der Trainer aus. Toralf Konetzke kam ins Spiel. Vielleicht hoffte er auf die Magie des Vornamens.
Es blieben noch elf Minuten. Doch die Qual ging weiter.
Noch zwei Minuten, wenn der Schiedsrichter nicht nachspielen ließ. Julia saß auf ihrem Platz, hatte die Hände wie ein Gitter vor dem Gesicht. Die Fans ermüdeten bei ihren vergeblichen Anfeuerungen. Auch Krallo hatte die Luft ausgestoßen und sich zurückgelehnt. Die Niederlage schien unvermeidlich.
Die neunzigste Minute. Der Schiedsrichter griff nach der Pfeife, da eroberte sich Stanislawski den Ball durch ein halbes Foul. Der Schiedsrichter reagierte nicht. Stanislawski sah den Freiraum für einen langen flachen Pass auf Rath. Rath stand allein vor dem »Tor … Tor! Tor!« Alle sprangen auf, jubelten. Krallo und Julia rissen die Arme hoch. Vor ihnen sprang Fats mit beiden Füßen auf seinen Sitz und fiel nach hinten. Krallo und Julia umarmten sich. Zu ihren Füßen lag Fats.
Krallo stieß ihn mit dem Fuß an. »He!«
Fats rührte sich nicht. Krallo bückte sich, rüttelte ihn und packte ihn unter dem Arm. Seine Hände wurden blutig.
Der Schlusspfiff.

Gunter Gerlach
Gunter Gerlach wohnt in Hamburg mit dem Blick über die Dächer St. Paulis. Miterfinder des Hamburger Dogmas. Veröffentlichung von Romanen und Krimis. Mehrere Literaturpreise, unter anderem Deutscher Krimipreis, Friedrich-Glauser-Preis für Kurzgeschichten. Die letzte Veröffentlichung ist ein Krimi über die Entstehung eines Krimis: »Mohnblumen wie Blutflecke« im Conte Verlag, Saarbrücken.Copyright Autorenfoto: Björn Luelf